Office und Remote:
die Balance im Team finden_

Die Pandemie scheint langsam zu einem Ende zu kommen, die sommerliche Lebensfreude kehrt zurück und auch die Frage wie wir zusammenarbeiten möchten drängt sich wieder auf. Von der Konvention langer Tage im Büro - ein Statussymbol der präcorona Ära - sind wir alle in das andere Extrem des remote arbeitens gerutscht. Wenn ich heute als Führungskraft die Arbeitsrealität mit meinem Team organisiere, stehen einem also mit der Öffnung nach dem Virus eine breite Palette an Arbeitsmodi offen. Das hat Einfluss auf Vereinbarkeit von Beruf mit Hobbys, Familie, Weiterbildung, etc. Man kann nun ein „attraktiver Arbeitgeber“, „familienfreundlich“ und förderlich für verschwimmende Stereotypen im Sinne der Gleichberechtigung werden. Während der Pandiemie sind 2020 ca. 6 Millionen Kündigungen ausgeblieben, laut einer Studie von monster.de denken 95% aller Arbeitnehmer gerade über einen Jobwechsel nach - ein guter Moment also über individuelle Bedürfnisse und Arbeitskultur zu sprechen!


Doch welche Faktoren spielen eine Rolle, wenn die Gestaltung der Arbeitsrealität passend zur Team-Situation entwickelt werden soll? Wir wagen den Versuch und haben ein kleine Anleitung zu relevanten Faktoren für die Diskussion im Team samt Entscheidungsfindungsprozess zusammengebaut. Diese Faktoren sind natürlich nur ein Auftakt in die individuelle Situation, wir freuen uns auf Ergänzungen und kritische Würdigungen. Gerne kann auch das Template genutzt werden, z.B. als Diskussionsstruktur in einem Meeting (Falls die .pdf benötigt wird, einfach formlos bei alex@innovative-teams.ch anfragen).

20210624_Arbeitsmodus-Canvas_Template.001

Introvertiert vs. Extrovertiert

Auf dem individuellem Level geht es um die Frage aus welcher Art der Sozialisierung man Energie schöpft. Hat man eine Runde an energetischen Vertrieblern vor sich, die nach einem Tag Messe zur Höchstform aufgelaufen sind - oder haben wir Softwareentwickler mit geringem Bedarf an Austausch in Präsenz. Dort kommt die Energie meist aus dem eigenen Tüfteln und Nachdenken. Ergebnisse werden transparent auf Plattformen geteilt, der Gesprächsbedarf in Persona ist geringer. Die Realität liegt in interdisziplinären Teams oftmals dazwischen: ein remote Daily mit einem Teammeeting in Persona pro Sprint, Monat oder Woche kann ausreichend sein. Kleiner Tipp: diese Frage lässt sich wunderbar gemeinsam mit dem Team erarbeiten und entscheiden. 


1 Punkt, wenn sie also ein introvertiertes Team vor sich haben und 

5 Punkte an die Vertrieblertruppe mit viel Freude am persönlichen Austausch.

Teamwork & Kreativität vs. Soloarbeit & Konzentration

Das Home Office scheint für viele Arbeiten mit einem hohen Anspruch an Konzentration die lebendigen Großraumbüros zu schlagen. Spezialisten können so ungestört komplexe Gedankengänge umsetzen. Wohingegen moderne Büros die kreative Zusammenarbeit unterstützen, informellen Austausch zulassen und die Energie von interdisziplinären Teams kanalisieren. Projekte können in verschiedenen Stadien unterschiedliche Anforderungen stellen und der Arbeitsmodus dementsprechend angepasst werden. 


1 Punkt für Konzentration & Soloarbeiten die viel Ruhe benötigen

5 Punkte für Kreativität und Teamwork

Berufsanfänger vs. Berufserfahrene

Eine interessante Beobachtung haben wir in einem Team direkt zu Beginn des ersten Lockdowns gemacht: während Berufsanfänger am Couchtisch saßen (die/der Partnerin am Küchentisch in der 2 Zimmerwohnung), sprang der „Home Office erfahrene“ Vertriebslegionär während kurzer Pausen in den Pool, bevor er in seinen ergonomischen Sessel ins klimatisierten Büro zurückkehrte. Arbeitgeber haben es zum Teil verpasst Ihre Mitarbeiter zu Hause zu versorgen, was vor allen Berufseinsteiger unvorbereitet treffen kann. Neben der Ausstattung zu Hause sind berufserfahrene Mitarbeiter und Kollegen besser informiert und haben das informelle Netzwerke ins Unternehmen bereits aufgebaut. Aus der Erfahrung nach zahlreichen Sprints haben Teams mit berufserfahrenen Teilnehmenden gefühlt eine höhere Produktivität beim remote arbeiten.

1 Punkt für Teams aus berufserfahrenen Teilnehmenden und 

5 Punkte an Teams mit Berufseinsteigenden frisch von der Uni.

Unausgeprägtes Wir-Gefühl vs. ausgeprägtes Wir-Gefühl

Ein weiterer Faktor sind die bestehenden Kontakte innerhalb des Teams: sind die Beziehungen zwischen den Mitgliedern bereits ausgeprägt und eingespielt? Gab es evtl. ein Kick-Off Event, bei dem Vision, Ziele und Erwartungen gemeinsam erarbeitet und beschlossen wurden? Ist ein vertrautes Wir-Gefühl zwischen den Teammitgliedern greifbar? Funktioniert der informelle Austausch z.B. über eine Messengerapp bereits? (Tipp: Signal, Telegram (beide kostenlos) oder Threema sind besser als WhatsApp). Dauerhaftes remote Zusammenarbeiten funktioniert besser, wenn das Netz aus informellen Beziehungen bereits aufgespannt werden konnte. Persönliche Aufeinandertreffen bekommen einen Event-Charakter und können gezielt zur Stärkung des Wir-Gefühls gestaltet werden. 


1 Punkt für eingespielte Teams, die bereits gemeinsame Projekterfahrung haben, 

3 Punkte für Teams die sich zuvor bereits kannten und 

5 Punkte für Teams, die sich frisch kennen gelernt haben. 

Asynchrones vs. Synchrones Arbeiten

Ein weiterer Aspekt ist die Notwendigkeit von Synchronität der Arbeitszeit innerhalb des Teams: also müssen alle gleichzeitig Arbeiten oder ist der Zeitpunkt eigentlich egal? Angespannte Stille bei allen jungen Eltern, dualen Studenten, sich Fortbildenden, Hobbybegeisterten, Freizeitorientierten & KollegInnen die in anderen Zeitzonen arbeiten: wenn nicht eine schwere Palette mit vereinten Kräften getragen werden muss, steckt im asynchronen Arbeiten für alle Beteiligten eine große Chance. Dabei ist es völlig in Ordnung, gemeinsame Checkpoints zu haben: Dailys, Kernarbeitszeiten (12.00 - 16.00 Uhr CET), zyklische Teammeetings on-site oder einfach ein großes Firmenretreat jedes Jahr, an dem man den informellen Austausch bündelt. Präsentationen, Meetings mit Behörden, Kollaborationen mit Stakeholdern (z.B in der PR) oder lokale Infrastruktur (Server, OP-Saal) sind Faktoren die die Notwendigkeit von synchronem Arbeiten rechtfertigen. 


1 Punkt geht hier an die Cloudworker, 

3 Punkte an alle die nur Auszugsweise alle Hände an Deck brauchen und 

5 Punkte an das OP-Team äquivalent, das alternativlos gemeinsam Patienten versorgt.

Lokale Infrastruktur vs. Cloud

Viele Unternehmen besonders in IT-affinen Industrien sind schon seit Jahren die remote Zusammenarbeit gewohnt. Dazu ist der Schritt von monolithisch-nativen Servern in die Cloud unerlässlich. Daten können so in Echtzeit zentral ausgetauscht werden, eine ortsunabhängige Kollaboration wird möglich. Falls dieser Schritt für ihr Team noch nicht erfolgt ist, sie ihre sensiblen Daten nur im Büro abrufen können oder ihre Tätigkeit schlicht an einen Ort gebunden ist, hat sich das Thema erledigt. Ideale Voraussetzungen gestaltet man, indem man über reine Konfereztools hinaus auch Kollaborationstools wie Miro zur Verfügung stellt. 


1 Punkt für alle Teams, die vollständig in die Cloud migriert sind und auch sensible Daten per VPN erreichen können, 

3 Punkte an alle die zumindest größtenteils von extern auf ihre Daten zugreifen können und 

5 Punkte an diejenigen, bei denen ein Zugriff von außen unmöglich ist. 


Bevor es in die Auflösung geht, möchten wir noch auf eine interessante kanadischen Studie hinweisen für die 2000 Arbeitnehmer und -geber befragt wurden. Dort herrscht Einigkeit bei der Frage ob wir in Zukunft remote Arbeiten möchten: 74% mittelständischer Geschäftsführer und 55% der Mitarbeitenden möchten weiterhin remote arbeiten. Dabei werden flexible Arbeitszeiten von Geschäftsführern (54%) als auch von Mitarbeitenden (62%) als größter Vorteil remoten Zusammenarbeitens gesehen. Aus der Studie geht weiter weniger eindeutig hervor, dass remotes Arbeiten als effizienter empfunden wird (41%/25%), die Fehlzeiten sinken (36%/19%) und die Qualität der Arbeit steigt (29%/18%). 

20210624_Arbeitsmodus-Canvas_Template.002

6 Punkte: Remote, asynchron und unaufhaltsam Effektiv. Ihr Team blüht an der langen Leine richtig auf und hat dementsprechend ein großes Potential zu selbstbestimmten zeitlichen und örtlichen Arbeiten.

7 - 12 Punkte: Ihr Team freut sich weitestgehend laufen gelassen zu werden. Stellen Sie gemeinsam fest, welche Punkte Gesprächsbedarf in Präsenz erfordern.

13 - 18 Punkte: Ihr Team freut sich regelmäßig Präsenztermine einzustreuen und eine Mischung aus remote und Arbeiten im Büro zu vereinbaren

19 - 24 Punkte: Ihr Team ist meistens zeitlich und örtlich auf gemeinsame Absprachen angewiesen, was sind die Voraussetzungen um flexibles Arbeiten möglich zu machen?

25 - 30 Punkte: Remote und asynchron ist der Ausnahmefall, ihr Team ist streng an Ort und Zeit gebunden.

We use cookies in order to give you the best possible experience on our website. By continuing to use this site, you agree to our use of cookies.
Accept